Das perfekte Lächeln
Eine Zahnlücke schickt sich nicht. Das weiss auch der Zahnimplantatehersteller Straumann AG. Strahlend schöne Zähne, die hinter einem lächelnden Mund hervorblitzen, sind aufwendig und verlangen viel Präzision.
Daniel Günter, Designingenieur bei der Firma Straumann AG, beendet wie immer pünktlich auf die Minute das Teammeeting. Heute stand ein ausbrennbares Hilfsteil für Zahnimplantate auf dem Projektplan. Eine solches Teil nutzt der Zahntechniker, damit er die Krone auf das Zahnimplantat einsetzen kann, ohne den Patienten dabei zu berühren.
Die Aufgabe ist klar formuliert, jetzt geht es ans Abklären. Welche Anforderungen gibt es noch? Welche Komponenten sind dafür nötig? Wie soll das Hilfsteil aussehen? Für Prototypen oder Funktionsmuster wäre ein Spritzgusswerkzeug herzustellen viel zu teuer. Noch wichtiger: Wer hat das nötige Know-how und die entsprechenden CNC-Maschinen?
Die Arbeiten laufen an und die ersten Grobentwürfe werden nach und nach anhand der Abklärungen erstellt. Schnell wird klar: Das Herstellen dieser filigranen Teilchen verlangt äusserst präzises Arbeiten. 0815-Dreharbeiten? Mitnichten. Da braucht es eine CNC-Maschine und erfahrene, kreative Polymechaniker.
Ob das firmeneigene Produktionszentrum im Berner Jura dieser Aufgabe gewachsen ist? Günter studiert die fertigen Zeichnungen und übermittelt sie an den Produktionsleiter in Villeret. Ja, nein, vielleicht – es folgen tagelange Gespräche. Neue Abklärungen, weitere Argumente für ein Dafür und Dagegen, schliesslich entscheidet der Produktionsleiter: «Nein, wir können das nicht selber produzieren. Dafür fehlen uns die geeigneten Maschinen und wir haben zu wenig Kapazitäten.»
Es kommt noch schlimmer. Günter fragt unterschiedliche Kunststoffverarbeitungsfirmen an – und erhält immer die gleiche Antwort: «Wir würden gerne, nur leider ...» Kurzum, es fehlt an passenden Dreh- und Fräsmaschinen und an Erfahrung. Zum Verrücktwerden.
«Ist dieses Teil wirklich nicht mit einer konventionellen CNC-Maschine herstellbar?» Günter wagt einen letzten Versuch. Er erinnert sich an ein Gespräch mit einem ehemaligen Teammitglied. Da war doch die Rede von einer Firma im Kanton Aargau: die Amsler & Frey AG in Schinznach-Dorf. Der Anruf ist schnell gemacht und schon sendet er dem Geschäftsführer Daniel Lienammer die fertigen Zeichnungen. Und siehe da, ein Hoffnungsschimmer. Daniel Lienammer nimmt die Herausforderung an und übergibt das Projekt an Markus Zumstein, einen seiner sehr kreativen Mitarbeiter.
Eineinhalb Wochen später ruft ihn Zumstein an: «Der Prototyp ist fertig», und vereinbart auch gleich einen Termin. Kaum zu glauben, nach der langen, erfolglosen Suche liefert Amsler & Frey AG innert Kürze die gewünschte Sonderanfertigung. Ja, das will Daniel Günter sehen – unbedingt. Zusammen mit einem Zahntechniker fährt er nach Schinznach-Dorf, am Eingang des ländlichen Schenkenbergertals, dort wo sich die Aare in zwei Flussarme teilt.
Von Daniel Lienammer und Markus Zumstein werden sie herzlich begrüsst. Und die anschliessende Führung durch den Maschinenpark lässt sie staunen. Günter ist beeindruckt von den 29 Dreh- und Fräsmaschinen mit den verschiedenen technischen Möglichkeiten. Dazu das Know-how von Zumstein, der jedes einzelne CNC-Drehcenter aus dem Effeff beherrscht. Chapeau!
Zumstein wirkt etwas angespannt. Kein Wunder: Jetzt muss er zeigen, ob das «Burnout-Coping», wie sich das ausbrennbare Kunststoffhilfsteil im Fachjargon nennt, den Erwartungen entspricht. Wenn nicht, waren die tagelangen Bemühungen umsonst. Zumstein nimmt die fertig gedrehte Halterung aus der Maschine, steckt sie auf das Zahnimplantat und ... es klemmt. So ein Mist aber auch!
Zumstein wäre nicht Zumstein, Amsler & Frey AG nicht Amsler & Frey AG, würde nicht doch noch eine Lösung gefunden. Manchmal braucht es mehrere Anläufe und ja, auch etwas Geduld. So ist das, wenn Programmierer am Werk sind. Also, ein zweiter Versuch, durchatmen und Maschine neu einstellen. Na also, geht doch! Die Hilfsvorrichtung lässt sich dieses Mal ohne Zerren und Hebeln abziehen.
Günter kehrt erleichtert nach Basel zurück. Er ist sich sicher: Mit der Firma Amsler & Frey AG wird er auch künftig spezielle Projekte umsetzen.
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